Montag,
25. November 1996
Genau dies zeigen die letzten Zeugenvernehmungen. Die Aussagen des stern TV-Redakteurs Axel Pfeiffer, seines Chefs, Andreas Zaik sowie ihrer ehemaligen Kollegin Sigrid Hüpen werfen mehr Fragen auf, als sie Antworten geben und lassen das journalistische Selbstverständnis in der Kölner Redaktion in keinem guten Licht erscheinen.
Ob Hüpen den Born-Film über die schon erwähnte Drogenkurierfahrt mit Puderzucker von Frankfurt nach Basel abnahm, will das Gericht wissen. „Ich halte es für möglich, dass ich in dieser Sache Chef vom Dienst war“, entgegnet sie. Mit der sofortigen Entschuldigung, vielleicht doch nicht genau genug hingeschaut zu haben. „Ich hatte an dem Wochenende viel zu tun und stand sehr unter Zeitdruck.“
Der Wirrwarr geht weiter mit dem Film „Katzenjagd“. Pfeiffer räumt ebenso wie seine Ex-Kollegin Hüpen ein, dass ihm der Bart des Jägers merkwürdig vorgekommen sei. Aber auch als er mit dem Jäger telefoniert habe, sei ihm nicht in den Sinn gekommen, nachzufragen, ob der Bart echt sei. Dabei hätte Born hier bereits auffliegen können.
„Damals hatten wir den Schlüssel in der Hand“, sagt Zaik, „und nachträglich könnte ich in die Tischplatte beißen.“ Das macht er dann nicht und er mochte sich wohl auch „nicht ins Bein beißen“, wie Friedrich Küppersbusch vor Gericht nach seiner Blamage durch das Born-Fake erklärt hatte. Vielmehr habe er eine eidesstattliche Versicherung verlangt, dass die Filmszenen authentisch seien, was Pfeiffer bestätigt, aber seine Ex-Kollegin nicht mitbekommen hat. Zaik auf die Frage, ob er mit Hüpen über die Versicherung gesprochen habe: „Das kann ich nicht definitiv bejahen.“
Wenn sich stern TV aber zu dem Film von Born vorher schriftlich versichern ließ, dass die Aufnahmen echt seien, dann bestand offenbar doch ein Anfangsverdacht. Ein Verdacht, der eben nicht durch eine Gegenrecherche aus der Welt geschafft wurde, wie Jauch in der Sendung Talk im Turm im Blick auf die mutmaßlich gefälschten Beiträge noch behauptete, sondern durch eine eidesstattliche Versicherung, die zudem noch wertlos ist, weil sie nicht gegenüber einer Behörde abgegeben worden war.
Widerspruch reiht sich an Widerspruch: So berichtet Zaik einerseits von einem Cutter, der „seine liebe Not“ mit dem Bornmaterial gehabt habe. Allerdings sei die Manipulation der Bilder weder ihm noch anderen aufgefallen. Zaik scheint bei der Vorbereitung auf seine Zeugenaussage auch eine andere Äußerung übersehen zu haben. Zu Beginn des Skandals sagte er zum Spiegel, Born habe sich mit dem Hinweis auf Informantenschutz geweigert, die Personalien des Jägers herauszugeben. Auf welche Weise ist dann aber das Telefonat von Pfeiffer mit dem angeblichen Jäger zu Stande gekommen?
Ein Lapsus, der eigentlich nicht hätte passieren sollen. Denn Zaik weiß stets, welche Fragen ihm der Richter stellen will, noch bevor der seine Sätze zu Ende formuliert hat, wie der SZ nicht entgeht:
"Er weiß auch, was Stern TV-Redakteure vor ihm im Prozess (...) ausgesagt haben, und er erklärt heikle Filmszenen mit denselben Worten, die andere Zeugen schon ausgeführt haben. (...) Seit Prozessbeginn (...) lässt der Medienkonzern Gruner+Jahr für Stern TV Protokolle über die Zeugenaussagen im Gerichtssaal anfertigen, von Menschen, die mit auf der Pressebank sitzen."
Während Borns Anwalt mit dem Versuch scheitert, den TV-Kujau als vermindert schuldfähig darzustellen - der Leiter der Gerichtspsychiatrie der Landesklinik Andernach, Rainer Gliemann, bescheinigt dem Angeklagten vor dem Gericht überdurchschnittliche Intelligenz, aber keinen Befund mit „Krankheitswert“ - gelingt es ihm, Zweifel zu säen, dass alle Redakteure ahnungslos waren.
Beispiel: Ein Beitrag, den Hüpen gemeinsam mit Born über die angebliche Einfuhr BSE-verseuchter Rinder aus Großbritannien über Holland nach Mecklenburg-Vorpommern im Herbst 1994 fertigte. Bereits die vor der Sendung verschickte Presseankündigung rief Staatsanwalt Reinhard Krüger in Rostock auf den Plan. Nach Ausstrahlung der Reportage setzte sich in dem Bundesland ein Ermittlungsapparat in Gang, der sämtliche Veterinär- und Landwirtschaftsämter alarmierte - ganze Viehherden wurden untersucht. Mehr noch: auch in den Niederlanden liefen Überprüfungen, irische Behörden verwahrten sich gegen die Vorwürfe, bei ihnen seien illegale Exporte möglich.
Besonders heikel: der niederländische Viehhändler, der von stern TV als Kronzeuge für die Behauptungen vorgestellt worden war, erklärte, das in der Sendung gezeigte Interview gar nicht gegeben zu haben. Wie Zaik über Hüpens nachgestelltes Telefongespräch mit dem Viehhändler denke? Dies sei ein „probates journalistisches Stilmittel“.
Und wie er den Film über Bodenverseuchungen durch eine Chemiefirma beurteile, in dem der Ex-stern TV-Redakteur Hering einen toten Fisch kameragerecht ins Bild treiben lässt? „Davon habe ich erst aus der Presse erfahren“, so Zaik. Ebenso wie von dem nachträglich aufgenommenen Bombenton in der inszenierten Reportage über Bethlehem.
Von Born getrennt habe er sich nach einem Beitrag über „Kinderarbeit in Indien“ im Sommer 1995. Wieso dieser trotzdem wenig später für das Magazin in die nigerianische Hauptstadt Lagos gereist sei, will der Richter wissen. Born sei für Risiko-Beiträge bekannt gewesen, erklärt Zaik. Daher habe man ihn erneut als Kamerareporter engagiert. Born behauptet hingegen, er sei als Co-Autor mitgereist.
„Haben Sie die verantwortlichen Personen für diese Filme überhaupt angesprochen“, wird er vom Richter gefragt. Zaiks Antwort: „Glaube ich nicht.“ Anders ausgedrückt: selbst als bei stern TV das Ausmaß der Katastrophe klar geworden ist, hat es Zaik als Chefredakteur unterlassen, die Verantwortlichen im eigenen Haus festzustellen. Später rechtfertigt er die Erinnerungslücke damit, dass er nach Bekanntwerden der Affäre, genug anderes zu tun gehabt habe wie etwa nach undichten Stellen in seiner Redaktion zu suchen.
Eine Bemerkung, die der Behauptung der Verteidigung, das Magazin habe gegen Born ein „Schweigekartell“ gebildet und verfolge zur eigenen Freisprechung eine Strategie des ahnungslosen Opfers, Nahrung gibt. Als es dann um den Zeitpunkt geht, zu dem Zaik Kenntnis von den Ermittlungen der Behörden bekommen haben will, prallen die beiden bekannten unvereinbaren Positionen aufeinander. Während das Gericht für stern TV den 6. Dezember 1995 festhält, sagt der mitangeklagte Charalampous aus, dass er den schon am 24. oder 25. November über alle Born-Filme in Kenntnis gesetzt habe.
Mittwoch, 4. Dezember 1996
Es ist müßig, zu erwähnen, dass sich die Equipe von stern TV durch diesen Aussagen-Wirrwarr blamiert. Das Resümee der FAZ ist repräsentativ für den Tenor in den Medien:
"Durch die Zeugenaussagen erscheint die Zusammenarbeit Borns mit den Magazinen nicht in eindeutigem Licht. Betrügen konnte er nur, wenn niemand von seinem Tun wusste. Daran gibt es Zweifel. Hinzu kommt, dass durch Borns Filme ein Schaden entstanden sein muss."
Fest steht: Der Imageschaden, den das Magazin durch den Skandal erleidet, ebenso wie der Schaden für die Glaubwürdigkeit des TV-Journalismus, ist nicht zu beziffern. Wie es indes um den materiellen Schaden steht - ein Tatbestandmerkmal des Betrugs, weswegen Born sich ja vor Gericht zu verantworten hat -, steht auf einem anderen Blatt.
Und in der Tat: Bei wem ist eigentlich der Vermögensschaden durch die reißerischen Born-Fakes entstanden? Denn stern TV blieb nicht etwa auf den Beiträgen des TV-Kujau sitzen, sondern hat sie Gewinn und Quote bringend versendet.
Nach 20 Prozesstagen wird die Beweisaufnahme am 9. Dezember beendet, am 16. Dezember stehen die Schlussplädoyers auf der Agenda. Borns Verteidiger Jacob plädiert auf eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung und zieht einen gewagten Schlussstrich: Es werde in den TV-Redaktionen eine Zeit vor und eine Zeit nach Born geben.
Eine Einschätzung, der sich der Staatsanwalt anschließt. Doch damit enden die Gemeinsamkeiten. Schmengler fordert fünf Jahre Haft für Born, obwohl auch er weiß, dass dieser keineswegs Alleinschuldiger in dem Betrugsfall ist. Bis zur Urteilsverkündung am 23. Dezember geht der Kleinkrieg weiter. Das Landgericht Koblenz weist eine Klage von stern TV gegen Born auf Schadenersatz ab, worin das Magazin seinen materiellen Schaden auf 350.000 Mark beziffert - die Honorarsumme der gefälschten Filme.
Damit folgt das Gericht dem Argument der Verteidigung, der materielle Schadensbegriff nach § 263 StGB könne nicht angewendet werden, weil stern TV durch die Born-Beiträge „sehr viel Geld eingefahren“ habe. Auch der Staatsanwalt erklärt, der materielle Schaden sei „nicht allzu hoch“. Zumal es keine Stornierungen bei den Werbezeiten gegeben und die Redaktion den Schaden zudem nicht schlüssig dargelegt habe.
Die Richter folgen auch nicht dem Argument von stern TV, dass die Sendung wegen der Fälschungsserie in aller Öffentlichkeit als Magazin gehandelt werde, das gefälschte Beiträge ausstrahle. Daraus könne der Vermögensschaden nicht abgeleitet werden. Offenbar seien die beanstandeten Beiträge für das Magazin nicht ohne Wert gewesen, denn sie seien ja gesendet worden.
Nach einem Etappensieg für Born - er darf 40.000 Mark Honorar, die er von stern TV für zwei Beiträge kassiert hatte, behalten - stellt er erneut Strafanzeigen. Diesmal gegen Zaik, Jauch sowie Verlagsanwalt Seibert wegen unwahrer Zeugenaussagen. Bis auf eine Strafanzeige gegen die frühere Redakteurin Sigrid Hüpen wegen möglichen Meineids werden alle Verfahren wenig später eingestellt.
Genau dies zeigen die letzten Zeugenvernehmungen. Die Aussagen des stern TV-Redakteurs Axel Pfeiffer, seines Chefs, Andreas Zaik sowie ihrer ehemaligen Kollegin Sigrid Hüpen werfen mehr Fragen auf, als sie Antworten geben und lassen das journalistische Selbstverständnis in der Kölner Redaktion in keinem guten Licht erscheinen.
Ob Hüpen den Born-Film über die schon erwähnte Drogenkurierfahrt mit Puderzucker von Frankfurt nach Basel abnahm, will das Gericht wissen. „Ich halte es für möglich, dass ich in dieser Sache Chef vom Dienst war“, entgegnet sie. Mit der sofortigen Entschuldigung, vielleicht doch nicht genau genug hingeschaut zu haben. „Ich hatte an dem Wochenende viel zu tun und stand sehr unter Zeitdruck.“
Der Wirrwarr geht weiter mit dem Film „Katzenjagd“. Pfeiffer räumt ebenso wie seine Ex-Kollegin Hüpen ein, dass ihm der Bart des Jägers merkwürdig vorgekommen sei. Aber auch als er mit dem Jäger telefoniert habe, sei ihm nicht in den Sinn gekommen, nachzufragen, ob der Bart echt sei. Dabei hätte Born hier bereits auffliegen können.
„Damals hatten wir den Schlüssel in der Hand“, sagt Zaik, „und nachträglich könnte ich in die Tischplatte beißen.“ Das macht er dann nicht und er mochte sich wohl auch „nicht ins Bein beißen“, wie Friedrich Küppersbusch vor Gericht nach seiner Blamage durch das Born-Fake erklärt hatte. Vielmehr habe er eine eidesstattliche Versicherung verlangt, dass die Filmszenen authentisch seien, was Pfeiffer bestätigt, aber seine Ex-Kollegin nicht mitbekommen hat. Zaik auf die Frage, ob er mit Hüpen über die Versicherung gesprochen habe: „Das kann ich nicht definitiv bejahen.“
Wenn sich stern TV aber zu dem Film von Born vorher schriftlich versichern ließ, dass die Aufnahmen echt seien, dann bestand offenbar doch ein Anfangsverdacht. Ein Verdacht, der eben nicht durch eine Gegenrecherche aus der Welt geschafft wurde, wie Jauch in der Sendung Talk im Turm im Blick auf die mutmaßlich gefälschten Beiträge noch behauptete, sondern durch eine eidesstattliche Versicherung, die zudem noch wertlos ist, weil sie nicht gegenüber einer Behörde abgegeben worden war.
Widerspruch reiht sich an Widerspruch: So berichtet Zaik einerseits von einem Cutter, der „seine liebe Not“ mit dem Bornmaterial gehabt habe. Allerdings sei die Manipulation der Bilder weder ihm noch anderen aufgefallen. Zaik scheint bei der Vorbereitung auf seine Zeugenaussage auch eine andere Äußerung übersehen zu haben. Zu Beginn des Skandals sagte er zum Spiegel, Born habe sich mit dem Hinweis auf Informantenschutz geweigert, die Personalien des Jägers herauszugeben. Auf welche Weise ist dann aber das Telefonat von Pfeiffer mit dem angeblichen Jäger zu Stande gekommen?
Ein Lapsus, der eigentlich nicht hätte passieren sollen. Denn Zaik weiß stets, welche Fragen ihm der Richter stellen will, noch bevor der seine Sätze zu Ende formuliert hat, wie der SZ nicht entgeht:
"Er weiß auch, was Stern TV-Redakteure vor ihm im Prozess (...) ausgesagt haben, und er erklärt heikle Filmszenen mit denselben Worten, die andere Zeugen schon ausgeführt haben. (...) Seit Prozessbeginn (...) lässt der Medienkonzern Gruner+Jahr für Stern TV Protokolle über die Zeugenaussagen im Gerichtssaal anfertigen, von Menschen, die mit auf der Pressebank sitzen."
Während Borns Anwalt mit dem Versuch scheitert, den TV-Kujau als vermindert schuldfähig darzustellen - der Leiter der Gerichtspsychiatrie der Landesklinik Andernach, Rainer Gliemann, bescheinigt dem Angeklagten vor dem Gericht überdurchschnittliche Intelligenz, aber keinen Befund mit „Krankheitswert“ - gelingt es ihm, Zweifel zu säen, dass alle Redakteure ahnungslos waren.
Beispiel: Ein Beitrag, den Hüpen gemeinsam mit Born über die angebliche Einfuhr BSE-verseuchter Rinder aus Großbritannien über Holland nach Mecklenburg-Vorpommern im Herbst 1994 fertigte. Bereits die vor der Sendung verschickte Presseankündigung rief Staatsanwalt Reinhard Krüger in Rostock auf den Plan. Nach Ausstrahlung der Reportage setzte sich in dem Bundesland ein Ermittlungsapparat in Gang, der sämtliche Veterinär- und Landwirtschaftsämter alarmierte - ganze Viehherden wurden untersucht. Mehr noch: auch in den Niederlanden liefen Überprüfungen, irische Behörden verwahrten sich gegen die Vorwürfe, bei ihnen seien illegale Exporte möglich.
Besonders heikel: der niederländische Viehhändler, der von stern TV als Kronzeuge für die Behauptungen vorgestellt worden war, erklärte, das in der Sendung gezeigte Interview gar nicht gegeben zu haben. Wie Zaik über Hüpens nachgestelltes Telefongespräch mit dem Viehhändler denke? Dies sei ein „probates journalistisches Stilmittel“.
Und wie er den Film über Bodenverseuchungen durch eine Chemiefirma beurteile, in dem der Ex-stern TV-Redakteur Hering einen toten Fisch kameragerecht ins Bild treiben lässt? „Davon habe ich erst aus der Presse erfahren“, so Zaik. Ebenso wie von dem nachträglich aufgenommenen Bombenton in der inszenierten Reportage über Bethlehem.
Von Born getrennt habe er sich nach einem Beitrag über „Kinderarbeit in Indien“ im Sommer 1995. Wieso dieser trotzdem wenig später für das Magazin in die nigerianische Hauptstadt Lagos gereist sei, will der Richter wissen. Born sei für Risiko-Beiträge bekannt gewesen, erklärt Zaik. Daher habe man ihn erneut als Kamerareporter engagiert. Born behauptet hingegen, er sei als Co-Autor mitgereist.
„Haben Sie die verantwortlichen Personen für diese Filme überhaupt angesprochen“, wird er vom Richter gefragt. Zaiks Antwort: „Glaube ich nicht.“ Anders ausgedrückt: selbst als bei stern TV das Ausmaß der Katastrophe klar geworden ist, hat es Zaik als Chefredakteur unterlassen, die Verantwortlichen im eigenen Haus festzustellen. Später rechtfertigt er die Erinnerungslücke damit, dass er nach Bekanntwerden der Affäre, genug anderes zu tun gehabt habe wie etwa nach undichten Stellen in seiner Redaktion zu suchen.
Eine Bemerkung, die der Behauptung der Verteidigung, das Magazin habe gegen Born ein „Schweigekartell“ gebildet und verfolge zur eigenen Freisprechung eine Strategie des ahnungslosen Opfers, Nahrung gibt. Als es dann um den Zeitpunkt geht, zu dem Zaik Kenntnis von den Ermittlungen der Behörden bekommen haben will, prallen die beiden bekannten unvereinbaren Positionen aufeinander. Während das Gericht für stern TV den 6. Dezember 1995 festhält, sagt der mitangeklagte Charalampous aus, dass er den schon am 24. oder 25. November über alle Born-Filme in Kenntnis gesetzt habe.
Mittwoch, 4. Dezember 1996
Es ist müßig, zu erwähnen, dass sich die Equipe von stern TV durch diesen Aussagen-Wirrwarr blamiert. Das Resümee der FAZ ist repräsentativ für den Tenor in den Medien:
"Durch die Zeugenaussagen erscheint die Zusammenarbeit Borns mit den Magazinen nicht in eindeutigem Licht. Betrügen konnte er nur, wenn niemand von seinem Tun wusste. Daran gibt es Zweifel. Hinzu kommt, dass durch Borns Filme ein Schaden entstanden sein muss."
Fest steht: Der Imageschaden, den das Magazin durch den Skandal erleidet, ebenso wie der Schaden für die Glaubwürdigkeit des TV-Journalismus, ist nicht zu beziffern. Wie es indes um den materiellen Schaden steht - ein Tatbestandmerkmal des Betrugs, weswegen Born sich ja vor Gericht zu verantworten hat -, steht auf einem anderen Blatt.
Und in der Tat: Bei wem ist eigentlich der Vermögensschaden durch die reißerischen Born-Fakes entstanden? Denn stern TV blieb nicht etwa auf den Beiträgen des TV-Kujau sitzen, sondern hat sie Gewinn und Quote bringend versendet.
Nach 20 Prozesstagen wird die Beweisaufnahme am 9. Dezember beendet, am 16. Dezember stehen die Schlussplädoyers auf der Agenda. Borns Verteidiger Jacob plädiert auf eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung und zieht einen gewagten Schlussstrich: Es werde in den TV-Redaktionen eine Zeit vor und eine Zeit nach Born geben.
Eine Einschätzung, der sich der Staatsanwalt anschließt. Doch damit enden die Gemeinsamkeiten. Schmengler fordert fünf Jahre Haft für Born, obwohl auch er weiß, dass dieser keineswegs Alleinschuldiger in dem Betrugsfall ist. Bis zur Urteilsverkündung am 23. Dezember geht der Kleinkrieg weiter. Das Landgericht Koblenz weist eine Klage von stern TV gegen Born auf Schadenersatz ab, worin das Magazin seinen materiellen Schaden auf 350.000 Mark beziffert - die Honorarsumme der gefälschten Filme.
Damit folgt das Gericht dem Argument der Verteidigung, der materielle Schadensbegriff nach § 263 StGB könne nicht angewendet werden, weil stern TV durch die Born-Beiträge „sehr viel Geld eingefahren“ habe. Auch der Staatsanwalt erklärt, der materielle Schaden sei „nicht allzu hoch“. Zumal es keine Stornierungen bei den Werbezeiten gegeben und die Redaktion den Schaden zudem nicht schlüssig dargelegt habe.
Die Richter folgen auch nicht dem Argument von stern TV, dass die Sendung wegen der Fälschungsserie in aller Öffentlichkeit als Magazin gehandelt werde, das gefälschte Beiträge ausstrahle. Daraus könne der Vermögensschaden nicht abgeleitet werden. Offenbar seien die beanstandeten Beiträge für das Magazin nicht ohne Wert gewesen, denn sie seien ja gesendet worden.
Nach einem Etappensieg für Born - er darf 40.000 Mark Honorar, die er von stern TV für zwei Beiträge kassiert hatte, behalten - stellt er erneut Strafanzeigen. Diesmal gegen Zaik, Jauch sowie Verlagsanwalt Seibert wegen unwahrer Zeugenaussagen. Bis auf eine Strafanzeige gegen die frühere Redakteurin Sigrid Hüpen wegen möglichen Meineids werden alle Verfahren wenig später eingestellt.
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