Sonntag, 5. April 2015

Der Fake Faktor - Beginn der Affäre

Mittwoch, 17. Januar 1996

Journalistenalltag bei stern TV. Punkt 11 Uhr Start der Redaktionskonferenz: Wie ist die Presseresonanz auf die Themenankündigung der aktuellen Sendung? Liegt die Produktion der Beiträge im Zeitplan? Diskussion mit Günther Jauch über den letzten Stand der Filme, die der Chefredakteur zwischen 16 und 20 Uhr abnimmt. Der Moderator sieht sie erst in der Endversion am Abend. Bis zu den Regieproben in einem Studio des Kölner Vororts Hürth gegen 20.30 Uhr verschanzt sich Jauch in seinem Büro, entwirft An- und Abmoderationen, stellt sich auf Gäste ein.

Das Magazin beginnt wie gewöhnlich kurz nach 22 Uhr, die Werbeinseln sind wie immer nahezu komplett ausgebucht. Auf den ersten Blick eine völlig normale Live-Sendung: Jauch moderiert souverän die mehr oder weniger skandalträchtigen Beiträge an, spricht mit den Gästen und führt durch die flankierenden Studioaktionen.

Doch schon während der Sendung macht erstmals die Nachricht über einen druckfrischen Artikel im Münchner Boulevardblatt Abendzeitung (AZ) im Studio die Runde: Michael Born, dessen Beiträge regelmäßig für hohe Quoten und heiße Diskussionen in der Redaktion sorgten, ein windiger Betrüger? Waren seine spektakulärsten Beiträge „erstunken und erlogen“, wie es in der Meldung heißt? Und warum wurden die Redaktionsmitglieder nicht von den laufenden Ermittlungen unterrichtet?

Nach dem Ende der Sendung um Mitternacht ist die Stimmung am ansonsten quicklebendigen Buffet bedrückt. Irritation und Unglaube unter den Redaktionsmitgliedern. Und Misstrauen: Wer ist der Kollege, den der Artikel zitiert und der Vorwürfe bestätigt, dass in Reportagen nicht alles mit rechten Dingen zugegangen sei? Das Rätselraten geht bis tief in die Nacht.

Donnerstag, 18. Januar 1996

Am nächsten Tag ist die Stimmung in der übermüdeten Redaktion gereizt. Die übliche Kritik der Sendung am Vormittag entfällt. Das Magazin gerät langsam, aber unaufhaltsam ins Visier der Medien. Grund: Oliver Kuhn, der AZ-Autor, setzt den Starmoderator unter Druck. Am Ende seines Artikels behauptet er, dass Günther Jauch heute zu den Vorwürfen Stellung nehmen werde. Zu allem Überfluss informiert die Staatsanwaltschaft Koblenz am Morgen ihrerseits die Medien über den Ermittlungsstand gegen den mutmaßlichen TV-Fälscher.

Die Nachrichtenagentur Agence France Press (AFP) meldet gegen Mittag, dass ein Filmproduzent mehreren TV-Sendern mindestens 22 frei erfundene Filme als echte Dokumentarstreifen verkauft haben soll. Neben dem Schweizer Fernsehen DRS und dem Westdeutschen Rundfunk (WDR) zählen zu den Betroffenen die Magazine stern TV und Spiegel TV sowie S-Zett, ebenso die Privatsender Sat. 1 und Pro 7. Danach muss stern TV reagieren und verfasst eine Erklärung, die in den Mittagsstunden die Presse über die Affäre und insgesamt fünf mutmaßlich manipulierte Filme, die das Magazin ausgestrahlt hatte, informiert:

"Stern TV stellt Strafanzeige"

"Die Staatsanwaltschaft Koblenz ermittelt gegen einen freien Fernsehjournalisten wegen Betrugs und anderer Delikte. (...) Soweit stern TV betroffen ist, beziehen sich die Vorwürfe auf folgende Sendungen: Eine 1992 gesendete Reportage über einen Drogenkurier (...); Teile eines Films aus dem vergangenen Jahr über die Aktivitäten des Ku-Klux-Klan in Deutschland (...); einen Film über kurdische Terroristen bei der Bombenherstellung (...), (der) Beitrag „Katzenjagd“ (...); (der)  Film „Kinderarbeit in Indien“ (...). stern TV hat bereits im vergangenen Jahr Strafanzeige wegen des Verdachts des Betruges erstattet. (...) Chefredakteur Andreas Zaik: „Alle Beiträge hatten wir, soweit uns dies möglich war, auf ihre Authentizität geprüft. (...) Gegen kriminelle Machenschaften ist allerdings niemand hundertprozentig geschützt - leider auch nicht eine Fernsehredaktion."

Obwohl die Medienprofis über den Stand der Ermittlungen seit Wochen unterrichtet sind, versäumten sie es, frühzeitig überzeugende Abwehrmaßnahmen zu treffen, sondern formulieren eine Verlautbarung, die sich in Windeseile als unzureichend herausstellen soll. Eine erste Fehlentscheidung: Das Fehlen einer Strategie im Umgang mit der Affäre gegenüber Medien und Öffentlichkeit wird Konsequenzen haben. 

Zunächst haben aber Redakteure in Tageszeitungen und Agenturen Klärungsbedarf. Die Redaktion wird mit einer Welle von Rückfragen konfrontiert: Warum erfährt die Öffentlichkeit erst jetzt von der Strafanzeige. Gibt es weitere Fälle? Sind Versicherungen an Eides statt in der Branche üblich, um Authentizität und Recherche abzusichern? Wie genau steht es um die journalistische Sorgfaltspflicht bei stern TV?

In Köln stehen die Telefone nicht mehr still, an die normale Redaktionsarbeit denkt im Augenblick niemand mehr. Vielmehr beschäftigt die Frage, wie die Anfragen der Journalisten bewältigt werden können, von denen jeder am liebsten mit Jauch direkt sprechen würde. Der zieht es indes vor, das Feld seinem Chefredakteur zu überlassen. Zaik tritt mit einer zweiten Verlautbarung die Flucht nach vorne an:

"Schaden für die Glaubwürdigkeit"

"Mit seinen kriminellen Machenschaften hat der TV-Produzent Michael B. nicht nur unserer Glaubwürdigkeit, sondern der des gesamten Fernsehjournalismus Schaden zugefügt, sagt stern TV-Chefredakteur Andreas Zaik. (...) Zwar habe stern TV jedes Thema gegenrecherchiert und auf Plausibilität überprüft, dennoch sei es bei ausreichender krimineller Energie schwierig, getürkte Reportagen auch sofort als solche zu erkennen. (...) Den Vorwurf, stern TV habe es an der Pflicht zu journalistischer Sorgfalt mangeln lassen, lässt Zaik nicht gelten."

Natürlich weiß Jauch, dass er an Interviews nicht vorbeikommt, zumal sein Chefredakteur öffentlich nahezu unbekannt ist. Ausgelöst durch Presseerklärungen, AFP-Meldung und einige Einzelinterviews ist das Räderwerk der Medien in Gang gesetzt und läuft zu Hochtouren auf. Ob Deutsche Presse Agentur (DPA), Associated Press (AP) oder Reuters - sämtliche Nachrichtenagenturen in Deutschland steigen auf das Thema ein, jagen es über den Ticker und machen die Affäre bundesweit zum Medienthema Nummer eins.

Freitag, 19. Januar 1996

Der Blätterwald rauscht. Das Kölner Boulevardblatt Express lässt wissen:

"Gefälschte Filme an TV-Sender verkauft - Günther Jauch: „Ja, wir sind betrogen worden. Doch beim ersten Anzeichen auf Betrug haben wir Anzeige erstattet. Ich hoffe, die Zuschauer vertrauen uns weiter.“ (...)

Ähnlich die Schlagzeile der Neue Ruhr Neue Rhein Zeitung:

"Jauch fiel auf Betrüger herein - Filmemacher ergaunerte 300.000 Mark."

Es ist wegen der Einmaligkeit des Falls bemerkenswert, dass die Mehrzahl der Tageszeitungen mit kleineren Meldungen auf das Thema einsteigt. Als erster Tenor setzt sich durch, dass stern TV mit „hoher krimineller Energie“ betrogen worden sei und „beim ersten Anzeichen Anzeige“ gestellt habe. Es ist wohl auf die hohe journalistische Reputation von Moderator und Magazin zurückzuführen, dass die Redaktion eine letzte Verschnaufpause bekommt.





 
 
 
 
 
 
 
 
 
Fakten und saubere Recherche - das Image von Günther Jauch und seinem Magazin ist seriös, dann wird er vom TV-Fälscher Born gleich reihenweise gelinkt.


Denn Jauch räumt in dieser Zeit nur ausgesuchten Medien die Möglichkeit zu Interviews ein. Über sein Privatleben spricht er dabei so gut wie nie, über sein journalistisches Selbstverständnis umso mehr. Und so verfestigt sich in der Öffentlichkeit und unter Kollegen ein Image, das ihn zum Synonym für journalistische Seriosität macht. Ebenso wie sein Magazin, das seit Jahren systematisch am Polit-Image arbeitet. In einer wenige Wochen zuvor versandten Pressemitteilung bezeichnet es sich noch als Marktführer unter den politischen Magazinen mit einem Marktanteil von über 20 Prozent.

Mehr noch: Konsequent und erfolgreich wie kaum ein anderes TV-Format füttert die Kölner Redaktion per redaktionelle PR andere Medien, besonders die Presse. Folge: Sie steigt ihrerseits immer wieder mit Artikeln und Verweisen auf die Enthüllungen des Magazins ein. In über fünf Jahren seit Sendestart entwickelt sich so eine Art Vertrauensbonus. Mit einer Ausnahme: das Münchner Boulevardblatt AZ. Keine 24 Stunden nach der ersten Meldung gibt es Vollgas und titelt:

"Skandal um Jauch - TV-Zuschauer betrogen - So belügt uns das Fernsehen - Millionen glaubten erfundene Storys."

Die Schlagzeile katapultiert die Affäre in eine neue Dimension. Autor Kuhn personalisiert den Fall, drängt stern TV und damit Jauch in eine Stellvertreterrolle für die erschütterte Glaubwürdigkeit des privaten Fernsehens. Mehr noch: Er spricht vom größten Skandal der deutschen TV-Geschichte und blindem Vertrauen aus Quotengier. Zu allem Übel wirft ein anonymer ehemaliger stern TV-Mitarbeiter der Redaktion auch noch „Schlamperei“ vor. Eine Sensation. Hat die Redaktion unseriös gearbeitet und damit Fälschungen begünstigt? Diese zentrale Frage wird erst mit dem Urteil am Ende des Prozesses konkret beantwortet.

Die Absichten des freien Autors Kuhn sind klar: Als Enthüller der Affäre hat er wie kein anderer Interesse daran, dass das Thema weiter die Schlagzeilen bestimmt. Dass er von Born durch Briefe aus der Haftanstalt laufend neue Details erfährt, wissen Jauch und Zaik zu diesem Zeitpunkt nicht. Kuhn greift zu einem im Boulevardjournalismus beliebten Kunstgriff: Er stilisiert die „Affäre Born“ zum Skandal um den prominenten Moderator hoch, diskreditiert seine Redaktion und demontiert das Privatfernsehen in puncto Glaubwürdigkeit.

Gleichzeitig übt er den Schulterschluss mit seinen Lesern, was wiederum gut für die so genannte Leser-Blatt-Bindung ist und den Verleger der AZ freut. Fest steht: Kuhn wird am Ball bleiben und die Berichterstattung über den Skandal mitbestimmen.

stern TV muss wissen, dass das Blatt aus München zu einem der gefährlichsten Mitspieler im eröffneten Schlagabtausch gehört. Denn das Magazin selbst hat die journalistische Tugend, an „Themen zu bleiben“, in der Vergangenheit immer wieder für sich beansprucht. Oft genug hatte es in Beiträgen Missstände angeprangert. So etwa 1993, als dem Ex-Bundeswirtschaftsminister Jürgen W. Möllemann nachgewiesen werden konnte, dass er sich auf amtlichem Papier bei deutschen Handelsketten für den Einkaufswagen-Chip eines nahen Verwandten eingesetzt hatte. Kurze Zeit nach der Affäre trat Möllemann von seinem Amt zurück. Ein Paradebeispiel für investigativen Journalismus, wie das Magazin bei jeder sich bietenden Gelegenheit anmerkt.

Doch diesmal ist die Situation spiegelverkehrt. Jauch und Zaik sind in einer verkehrten Welt. Sie sind nicht die Enthüller, sondern stehen im Zentrum der Affäre, müssen zu immer neuen Erkenntnissen der recherchierenden Kollegen Stellung nehmen. Eine Rolle, die sie mit zunehmender Dauer an die Grenzen der physischen wie psychischen Leistungsfähigkeit bringen wird.

Es vergeht nur kurze Zeit, bis AP meldet, dass das Ausmaß des Skandals um gefälschte Fernsehberichte größer als bislang bekannt sei. Die Gesamtzahl der Fälle sei noch nicht zu übersehen. Jauch verneint aber eine persönliche Schuld. stern TV stehe für seriösen Journalismus. Zum ersten Mal bezeichnet auch eine Agentur die Affäre als Skandal - eine Wortwahl, die sich von nun an in allen Medien durchsetzt. An dieser Entwicklung kann der Moderator nichts mehr ändern, auch wenn er alles daran setzt, seine Sichtweise der Dinge darzustellen - in erster Linie in Gesprächen mit Nachrichtenagenturen.

Dies hat folgenden Hintergrund: Tageszeitungen beziehen eine Vielzahl ihrer Meldungen aus Kostengründen über den Ticker von Agenturen wie AP, DPA oder AFP. Redakteure in den Verlagshäusern redigieren sie dann und nehmen sie meist ohne eigene Gegenrecherche ins Blatt. Jauch kann seine Statements also auf diesem Weg sehr komfortabel bundesweit verbreiten. So beispielsweise in einem Interview mit dem deutschen Dienst der französischen Agentur AFP: 

"Ein derartiger Betrug am Publikum lasse sich nie zu 100 Prozent verhindern, meint Günther Jauch. Den Moderator des vermutlich Hauptgeschädigten stern TV ärgert, dass Michael B. durch die Kontrollmechanismen seiner Redaktion schlüpfen konnte. (...) Man könne permanent einen Aufpasser zu den Dreharbeiten mitschicken. Aber selbst das würde nicht verhindern, dass ein angeworbener Darsteller über die Lichtung läuft, sagt Jauch resigniert."

Leider fragt der Redakteur nicht nach, auf welchen Beitrag beziehungsweise auf welchen „Darsteller“ Jauch mit seiner letzten Äußerung präzise anspielte.

Samstag, 20. Januar 1996

Die Meldung macht die Runde durch die Samstagsausgaben der Tageszeitungen. Eines der größten deutschen überregionalen Blätter, die Süddeutsche Zeitung (SZ), hat mit der Führungscrew ein längeres Gespräch geführt und eröffnet das Thema. Nicht ohne Zynismus gegenüber dem Konkurrenzmedium Fernsehen verweist Redakteur Michael Bitala auf den Schaden für die Glaubwürdigkeit des Journalismus durch die Vorfälle und stellt die Schuldfrage:

"Günther Jauch zeigt sich frei von Schuld. (...) Auch stern TV-Chefredakteur Andreas Zaik kann kein Eigenverschulden erkennen. Born sei jahrelang ein verlässlicher Mitarbeiter gewesen, bis er begann „uns mit krimineller Energie“ zu betrügen."

Jauch und Zaik wissen, dass sie mit meinungsbildenden Blättern wie der SZ sprechen müssen, um Einfluss auf die veröffentlichte Meinung zu bekommen. Dummerweise unterläuft Zaik dabei ein Lapsus, indem er auf die nachweislich falschen Recherchen des ARD-Magazins Kontraste im Fall des ehemaligen Schalke-Managers Rudi Assauer - die Redaktion warf ihm 1994  Anlagebetrug vor - verweist. Damit soll er sich einen Bärendienst erweisen.

Denn anstatt bei der Schuldfrage einzuräumen, dass stern TV in Sachen journalistische Sorgfaltspflicht nicht eben durch eine Meisterleistung glänzte, lässt sich der Chefredakteur zu dem Hinweis auf die Konkurrenz hinreißen. Ein Fauxpas, der die Volksweisheit bestätigt: Wer Kollegenschelte austeilt, muss damit rechnen, von den Kritisierten selbst Schelte zu bekommen.

Was passiert in München? Autor Kuhn verkauft seinen bereits in der AZ erschienen Artikel an das Hamburger Abendblatt - ein üblicher Vorgang in der Branche, durch den sich freie Mitarbeiter, die zu dieser Zeit für eine solche Zweitverwertung rund 127 Pfennig pro veröffentlichte Zeile erhalten, ein Zubrot verdienen. Das druckt das vor Polemik strotzende Machwerk eins zu eins.

Ein Rückschlag für das Führungsduo von stern TV, den Skandal durch Teileingeständnisse, Verweise auf andere Betroffene beziehungsweise die hohe kriminelle Energie des Täters in immer neuen Varianten in Grenzen zu halten. Aber unter Gesichtspunkten der Konzernzugehörigkeit nachvollziehbar. Denn das Hamburger Abendblatt ist eine Tageszeitung aus dem Axel Springer Verlag. Kein Wunder, dass die Redaktion die Chance ergreift, um negativ über die Konkurrenz aus dem feindlichen Verlagslager Gruner + Jahr (G+J) zu berichten - das Mutterhaus von stern TV.

An diesem Wochenende geht die Diskussion in den Medien aber gerade erst los. Die Standesorganisationen melden sich zu Wort: Der Vorsitzende des Deutschen Journalistenverbands (DJV), Hermann Meyn, erklärt, die Sender treffe erhebliche Mitschuld an den Betrugsfällen, und macht den Konkurrenzdruck um spektakuläre Themen für den Vorfall verantwortlich.

Eine neue Fassette im Wettlauf um Schlagzeilen. Der Hinweis kommt einer Einladung an alle deutschen Medien gleich, an dem prominenten Fall jetzt erst recht über den Zustand des Fernsehens öffentlich zu diskutieren - ein Beispiel auch dafür, wie sich Dritte in den Skandal einbringen, um ihre eigenen Interessen und Positionen in die Öffentlichkeit zu tragen.

Zurück zu stern TV. Hier wurden erste Maßnahmen getroffen, um den Informationsfluss sicherzustellen. Jauch, der zwischen der Kölner Redaktion, seinem damaligen Wohnort in München und der Redaktion des Aktuellen Sportstudios in Mainz pendelt, wird permanent über den Stand der Entwicklungen informiert. Die Redaktion, die selbst an den Nachrichtenticker der DPA angeschlossen ist, leitet sämtliche Meldungen an ihn weiter.

Außerdem steht das Magazin auf dem Verteiler des Pressespiegels von RTL Television, einer täglichen Übersicht der Beiträge in Tages- und Wochenzeitungen, die über den Sender und dessen Programm berichten. Nach Auswertung der Artikel kann einerseits der aktuelle Status in der Berichterstattung festgestellt, andererseits auch abgeschätzt werden, auf welche Weise sich einzelne Medien in die Stimmungsmache einbringen könnten.

Mittlerweile sind auch die Telefondrähte zu G+J heiß gelaufen. Dreizehn Jahre nach den Enthüllungen um die angeblichen „Hitler-Tagebücher“ im Magazin Stern steht der TV-Ableger wegen vergleichbarer Vorwürfe im Rampenlicht. Warum G+J die Gelegenheit verstreichen lässt, einen Krisenstab zu bilden, der sich um die Beilegung des Skandals in der Öffentlichkeit kümmert, ist nicht zu rekonstruieren. Aus Kommunikationssicht ein Kardinalfehler, der einem mittelständischen Unternehmen, aber keinem internationalen Medienkonzern unterlaufen darf. Warum? Ein Team im Hintergrund hätte Interviewanfragen koordinieren, Fragen und Antwortenkataloge für die Argumentation entwerfen und die Führungscrew auf diese Weise beim Management der Krise entlasten können.

Irgendwann an diesem Wochenende wird dann der Entschluss gefasst, die Vorgänge zum Gegenstand der nächsten Sendung zu machen. Ein auf den ersten Blick einleuchtender Schritt: Warum nicht das eigene Medium nutzen, um Vorwürfe zu entkräften und sich so ein wenig aus der Schusslinie zu nehmen?

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