Donnerstag, 7. Mai 2015

Deutschlands Schattenregierung - Wie die "Atlantik Brücke" die deutsche Politik bestimmt - Serie Teil 7 und Ende

Immer neue Geheimnisse um NSA

Dass die NSA und andere westliche Geheimdienste in großem Umfang internationale Kommunikation abhören sowie Unternehmen und staatliche Stellen ausspionieren, machte im Juni 2013 Whistleblower Edward Snowden publik. Als der damalige Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) von den Aktivitäten erfuhr, reagierte er forsch: Wenn ein ausländischer Dienst den Internetknoten in Frankfurt anzapft, sei das eine Verletzung unserer Souveränitätsrechte.

Doch bei aller Empörung, Friedrich lag falsch. Für die NSA war und ist die BRD ganz legal Horchposten - ob als Frontstaat in den Jahrzehnten des Kalten Kriegs oder als künftiger Hegemon im EU-Zentrum. Seit über 60 Jahren wissen deutsche Politiker um diese Tatsache und belügen die eigene Bevölkerung gerade wieder in Sachen Wirtschaftsspionage.

Es war Konrad Adenauer, der gut bekannt mit Allen Dulles, dem damaligen Direktor der Central Intelligence Agency (CIA) war, und den Westalliierten in den 50er Jahren das Recht zusicherte, den Post- und Fernmeldeverkehr zu überwachen sowie Geheimdienste mit Unterstützung des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) außerhalb des deutschen Rechts zu stellen, wenn es Interessen erfordere.

In diese Zeit fällt übrigens die Gründung des Bundesnachrichtendienstes (BND) als Nachfolger der Organisation Gehlen. Reinhard Gehlen war Hitlers Chef für Auslandsaufklärung. Er wechselte im Mai 1945 die Fronten, um für die USA im Nachkriegsdeutschland einen Geheimdienst, den späteren BND aufzubauen, der für die Aufklärung Osteuropas und Russlands verantwortlich sein sollte. Nach seiner Rückkehr aus den USA zwecks Entnazifizierung 1947 startete Gehlen eine Zusammenarbeit mit der übrigens im selben Jahr gegründeten CIA, in deren Rahmen 4000 Agenten, unter ihnen zahlreiche Ex-Nazis, für die Dauer des gesamten Kalten Krieges zu den einzigen US-Informanten in den Ex-Ostblockstaaten wurden.

Deutsche und US-Geheimdienste haben identische Wurzeln

Der Historiker Prof. Josef Forschepoth hat recherchiert, dass die erste Große Koalition 1968 das GG zwar geändert hat, um durch das G-10-Gesetz Eingriffe in das Post- und Fernmeldegeheimnis neuzuregeln. Die Koalitionäre liessen indes unerwähnt, dass ein Zusatzvertrag zum NATO-Truppenstatut von 1959 die gleichen geheimdienstlichen Rechte längst sicherte. Die BRD darf wegen des Besatzungsstatus abgehört werden und Snwoden müsste bei Betreten deutschen Bodens wohl gar an die USA ausgeliefert werden.

Für das Thema G-10 ist im Bundestag ein geheim tagendes Parlamentarisches Kontrollgremium zuständig. Doch um seiner Aufgabe nachzukommen, ist es auf Informationen von BND und BfV angewiesen. Letzteres ist gerade dabei, die Zusammenarbeit mit CIA und NSA auszuweiten: 2013 schickte das BfV 1163 Datensätze an die Amerikaner - allein in den ersten drei Monaten dieses Jahres waren es 400.

Als BRD-Inlandsgeheimdienst arbeitet das BfV nur auf deutschem Boden und kann in der Folge nur im Inland erhobene Handynummern, Reisebewegungen und Aufenthaltsorte verdächtiger Personen an die USA weitergeben.

BfV kooperiert mit ausländischen Geheimdiensten

Der Großteil sei an die CIA und das Joint Issues Staff, also die CIA-Auslandsstellen in der Berliner Botschaft und dem Generalkonsulat in Frankfurt gegangen. Dort angesiedelt ist auch der Special Collection Service, jene CIA- und NSA-Spezialeinheit, die das Merkel-Handy ausgespäht haben soll. Bizarr daran ist, dass es eigentlich Aufgabe des BfV ist, ausländische Spionage in Deutschland zu verhindern und nicht mit ausländischen Diensten zu kooperieren.

Seit über vier Jahrzehnten müssen Betroffene wie etwa auch die Kanzlerin weder über eine Überwachung informiert werden noch können sie den Rechtsweg bestreiten. Die Exekutive erklärt, sie wisse von nichts oder sie dürfe nichts sagen, gleichzeitig ist die Legislative ausgeschaltet. Fazit: der angebliche Rechtsstaat BRD kann sich nicht kontrollieren.

Trotz Ausspähung ihres Handys sollte über ein Jahr vergehen, bis aus ihrem Verständins für die US-Praxis, öffentliche Kritik wurde und Taten folgten. Nachdem Ermittlungen gegen zwei mutmaßliche CIA-Spione beim BND aufgenommen wurden, entschloss Merkel sich, diese des Landes zu verweisen. Die USA reagierte verstimmt, umso mehr als Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) warnte, dass die Affäre auch TTIP gefährden könnte.

Merkel will TTIP um jeden Preis

Einen von der Opposition geforderten Verhandlungsstopp lehnt Merkel aber ab. Das Abkommen sei in deutschem Interesse und aus Sorge vor Terrorakten werde die Zusammenarbeit mit Geheimdiensten nicht infrage gestellt. Nach einem kurzen politischen USA Brüskierungs-Manöver hat sie auf business as usual zurückgeschaltet und zur proatlantischen Linie zurückgefunden, zu deren Promotion die AB übrigens im gleichen Jahr wie die NSA gegründet wurde.

Problemverwandt in Sachen Geheimdienste ist der Skandal um die Terrorzelle "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU). Nach deren Auffliegen 2011 startete die (politische) Aufarbeitung, bei der Details der Mordserie an neun türkisch- oder griechischstämmigen Kleinunternehmern und Ermittlungspannen ans Licht kamen. Brisant ist, ob ein Ex-V-Mann dem BfV schon 1998 einen Tipp auf die Neonazis Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe, denen die Morde angelastet werden, gegeben hat und ob das BfV Geld an die Terroristen geschickt habe. Da die Ermittlungsakte vernichtet ist, können die tatsächlichen Zusammenhänge nie aufgeklärt werden.

Thomas de Maizière als williger Helfer

Die vom Bundestags-Untersuchungsausschusses vorgeschlagenen Konsequenzen: Mehr Kompetenzen für den Generalbundesanwalt und eine adäquate Infomations-Auswertung beim BfV, die zuvor offenbar nicht gewährleistet war. Während Innenminister de Maizière eine Neuorganisation der Verfassungsschutzarbeit nicht beabsichtigt, fordert Historiker Forschepoth, zumindest die GG-Änderung 1968, die bis heute die flächendeckende Überwachung ermöglicht und die Gewaltenteilung aushebelt, zurückzunehmen.

Gehör verschaffen konnte er sich bislang nicht. 25 Jahre nach der Wiedervereinigung und knapp 70 Jahre nach dem zweiten Weltkrieg plaudern unsere Politiker zwar gerne in der inszenierten Öffentlichkeit darüber, dass unsere Nation eine reife Demokratie sei, aber eine öffentliche Debatte, wie souverän oder fremdbeeinflusst die BRD tatsächlich ist, soll nicht stattfinden. Es muss daran erinnert werden, dass das GG dem staatlichen Leben nur für eine Übergangszeit eine Ordnung geben sollte. Nämlich solange, bis die “Einheit und Freiheit Deutschlands” in freier Selbstbestimmung über eine Verfassung vollendet sei, wie es rechtlich einforderbar in der Präambel des GG sowie in Artikel 146 heisst.

Doch obwohl eine solche Verfassung auch für Klarheit in einigen der Skandale sorgen kann, ist von unseren Politikern zu diesem Thema nichts zu hören. Sie treiben vielmehr das Ende der Nationalstaaten in einer zentralisierten EU voran. Daher spricht Schäuble stets von der Auflösung Deutschlands Grenzen in der EU und darüber, dass in der Wirklichkeit des 21. Jahrhunderts unsere Interessen besser durch die Übertragung von Souveränität auf die europäische Ebene gesichert werde. Die seelenverwandte Forderung des EU-Präsidenten Martin Schulz auf einer Veranstaltung der AB hört sich so an: “Wenn Europa global Einfluss nehmen möchte, müsse es eine echte europäische Regierung schaffen.”

Thomas Piketty stellt in seinem Buch ”Kapital im 21 Jahrhundert” die These auf, die westliche Welt werde von den Erben reicher Leute beherrscht. Er hätte genauer formulieren können: Die westliche Welt wird von den Erben reicher Leute, deren Macht- und Profitgier sowie semigeheimen Seilschaften dominiert.

 

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