Montag,
22. Januar 1996
An der Medienfront fangen in der Zwischenzeit immer mehr Baustellen Feuer. Zum Wochenstart steht der Standpunkt des DJV im Rampenlicht. Die Hamburger Morgenpost meldet, dass aus dem Konkurrenzkampf der Privatsender um spektakuläre Themen „die Neigung entstünde, Dinge, die andere wegschnappen könnten, schneller zu bringen“. Bei ARD und ZDF sei die Gefahr, auf gefälschte Bilder hereinzufallen, weniger groß. Der Focus titelt:
„Falsches Fernsehen - Programmmacher fürchten weitere elektronische Enten."
Nach dem DJV meldet sich der Deutsche Presserat mit einem Ratschlag an die TV-Kollegen zu Wort und bietet an, den Pressekodex - so etwas wie der moralische Leitfaden für Journalisten - auf das Fernsehen zu übertragen. Beide Institutionen verteilen gleichzeitig die Positionen: hier die Öffentlich-Rechtlichen als Gralshüter des journalistischen Ethos und da die Privaten, die dabei sind, eben dieses aus Kommerzgründen über Bord zu werfen.
Wie wenig objektiv diese Aufteilung ist, zeigt die Tatsache, dass auch die öffentlich-rechtlichen Stationen hinter den Kulissen am Kampf um spektakuläre Themen beteiligt sind: Ihre vom Vorbild der privaten Boulevardmagazine wie Explosiv abgekupferten Formate wie Brisant brauchen ebenso wie diese täglich neues „Sensationsfutter“.
Unfreiwillig gibt stern TV-Chef Zaik dann aber der These Auftrieb, dass private Magazine spektakuläre Themen wohl doch eher ohne intensive Überprüfungen ins Programm bringen. Er lässt sich auf ein Interview mit dem Magazin Der Spiegel ein, wohl wissend, dass auch dessen TV-Ableger von Born hereingelegt wurde. Er konnte davon ausgehen, dass Spiegel-Chef Stefan Aust - selbst jahrelanger Moderator von Spiegel TV - sein Heft dazu einsetzen würde, sich möglichst günstig für den Schlagabtausch unter den von Borns Fälschungen betroffenen TV-Magazinen aufzustellen. Dennoch lässt er sich aufs Glatteis führen.
Der Spiegel erwähnt eine Zusammenarbeit mit Born in den Jahren 1991/1992, um klarzustellen, dass diese über zwei Zulieferungen nicht hinausging. Denn der TV-Autor habe zu undurchsichtig gewirkt, ebenso wie seine Rechnungsadresse Imam Ali Street, Bekaa/Libanon. Dann greift Der Spiegel das Thema Sorgfaltspflicht auf, um offen gegen die Konkurrenz zu schießen. So lässt sich der stern TV-Chef zu einem Zitat hinreißen, auf das man später noch öfter treffen wird und das eine ziemliche Portion berufliche Naivität offenbart:
„So recht weiß der Stern TV-Mann nicht, wie er Born hätte entlarven können. Er wollte sich die Personalien des Katzenmörders geben lassen, was ihm der Filmemacher unter Berufung auf den Informantenschutz jedoch abschlug. Zaik: „Irgendwann gucke ich dem in die treuen blauen Augen und muss entscheiden, ob ich ihm glaube oder nicht.“
In der Kölner Redaktion genauso wie in der Hamburger Redaktion des Magazins Stern ist der Artikel Thema Nummer eins und Auslöser für ein und dieselbe Frage: Wie kann einem erfahrenen Medienprofi, der etliche Male selbst bewiesen hat, Interviewpartner zu prekären Statements aus der Reserve zu locken, eine solche Fehlleistung unterlaufen? Es braucht nicht die fachliche Expertise eines Psychologen, um zu vermuten, dass man in Köln angesichts der Schmach auf Genugtuung sinnt.
Es kann als sicher gelten, dass zu diesem Zeitpunkt bereits Gespräche zwischen Spiegel und Stern auf Chefredakteurs- oder Verlagsleiterebene stattgefunden haben. Das Ziel: ausschließen, dass der Skandal zu „Kannibalismus“ unter den eigenen Magazinen führt.
Grund: Der G+J-Konzern als Herausgeber des Stern lässt stern TV zu dieser Zeit durch seine 100-prozentige Tochter, die G+J-TV Produktions GmbH, produzieren und ist auch mit 25 Prozent am Spiegel Verlag beteiligt, der wiederum Spiegel TV kontrolliert. Ein Stillhalteabkommen zwischen den Verantwortlichen in den Häusern scheint dabei aber nicht erzielt worden zu sein - wie sich wenig später auf spektakuläre Weise zeigen wird.
Übrigens zögert der Stern mit dem Schritt, seinen TV-Ableger durch einen Bericht im eigenen Heft aus der Schusslinie zu nehmen. Mehr noch: Später wird Stern-Chef Werner Funk ganz klar die Unabhängigkeit der beiden Redaktionen betonen.
Es wird zunehmend brenzlig. AZ-Autor Kuhn erfährt einmal mehr brisante Details über die Hintergründe der Born-Fakes. Seine Meldung, dass stern TV vom Moderator des ARD-Magazins ZAK, Friedrich Küppersbusch, bereits 1991 gewarnt worden sei, gibt Gerüchten um mangelnde Sorgfaltspflicht weitere Nahrung. Die Redaktion dementiert umgehend. Doch nach den Veröffentlichungen der letzten Tage klar gewesen sein: Oliver Kuhn wird nicht Abstand von seiner Polemik nehmen. Kuhn hat das, wovon jeder Journalist in seinem Berufsleben einmal träumt: seinen Scoop, seine Enthüllungsgeschichte. Und die wird er sich nicht so leicht abspenstig machen lassen.
Dienstag, 23. Januar 1996
Er macht konsequent Stimmung gegen die Redaktion, drängt sie in die Defensive und erklärt den „TV-Krieg“, in dem sich die TV-Macher die Schuld gegenseitig in die Schuhe schieben:
„Insgesamt 20 Beiträge hat (... ) Born an stern TV verkauft. „Fünf davon waren gefälscht“, so Jauch. (...) „Nahezu alle Sender wurden reingelegt - kein Grund, dass es wegen Born zu einer internen Schlammschlacht kommt.“ (...) Sein Anwalt Norman Jacob sieht ihn mehr als Opfer: „Die Redaktionen setzten Born durch ihre extremen Vorgaben unter Druck“, so Jacob heute in „Frontal“ (ZDF, 21 Uhr).“
Der Artikel beseitigt letzte Zweifel: Kuhn wird um jeden Preis seinen Teil dazu beizutragen, dass die bisher von Jauch nur beschworene „Schlammschlacht“ unter den TV-Magazin-Machern zur Realität wird. Umso erstaunlicher, dass dem eine nicht zutreffende Tatsachenbehauptung zu entgehen scheint. Denn die ins Spiel gebrachte Anzahl der Beiträge, die stern TV von Born gekauft haben soll, ist reine Spekulation. Damit wird eine Chance vergeben, Kuhn - nötigenfalls auf rechtlichem Weg per Gegendarstellung, in der die Anzahl der Beiträge hätte richtig gestellt werden können - die Grenzen seiner tendenziösen Berichterstattung aufzuzeigen. Darüber hinaus hätte auch dem bei einem solchen Vorgang immer involvierten Chefredakteur mit Vehemenz zu verstehen gegeben werden können, doch bitte schön bei den Tatsachen zu bleiben.
Doch die Situation bleibt ungenutzt, auch deswegen, weil der Sendehinweis auf das Konkurrenzmagazin Frontal alarmiert. Die ZDF-Redaktion hat mit Borns Verteidiger ein Interview geführt, in dem er sich stern TV offenbar auf unangenehmste Weise vorknöpft.
Parallel schießt sich die Presse weiter auf das Magazin ein. Es wird neben Born zum Mitangeklagten und gleichzeitig in die Diskussion um das durch die eigene Pressemeldung ins Spiel gebrachte Thema „Glaubwürdigkeit des TV-Journalismus“ hineingezogen. Die DPA lässt wissen, dass Vertreter privater Fernsehsender der Auffassung seien, eine 100-prozentige Kontrolle des Wahrheitsgehalts von Reportagen sei nicht möglich. Die Chefredakteure von ARD und ZDF sehen das anders und stellen eine Verbindung zwischen der Kommerzialisierung und der Qualität der Beiträge her.
„Je schriller Filme, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie auch gesendet werden“, sagt ARD-Chef Ulrich Deppendorf. Sein Kollege vom ZDF, Klaus Bresser, beteuert, „Fernsehen ist einmal das vertrauenswürdigste Medium gewesen, der Vorsprung ist geschmolzen.“
An dieser Stelle rächt sich, dass stern TV zwar in einer Pressemeldung den „Schaden für die Glaubwürdigkeit des TV-Journalismus“ durch den Fall Born beklagt, aber parallel nichts unternahm, um das Thema inhaltlich in der Hand zu behalten. Es wirkt fast unbeholfen, mit welchen Argumenten Zaik in der weiteren Meldung Verbesserungen in puncto journalistische Sorgfalt in Aussicht stellt: „Wir werden in Zukunft ein zweites, ein drittes und ein viertes Mal auf die uns angebotenen Geschichten schauen“, verspricht stern TV-Redaktionsleiter Andreas Zaik, der gleich in mehreren Fällen (...) geleimt worden ist.“ Und mit welcher Verve er sich gleichzeitig vor dem Eindruck der Leichtfertigkeit verwahrt: „Zaik (...) gesteht, dass für stern TV die Affäre kein „Ruhmesblatt“ sei, aber er warnt jeden, „der nun ein rundfunkpolitisches Süppchen“ daraus kochen möchte. Wir verwahren uns gegen den Eindruck der Leichtfertigkeit.“
In einigen Tagen werden hierzu die Landesmedienanstalten auf den Plan treten. Deren Aufgabe ist die Beaufsichtigung des privaten Rundfunks. Ihre Finanzierung erfolgt über einen Teil der Rundfunkgebühren. Der Direktor der damaligen Nordrhein-Westfälischen Landesanstalt für Rundfunk (LfR) - heute Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen -, Norbert Schneider, wird feststellen, dass die Verletzung journalistischer Sorgfaltspflichten Auswirkungen auf die Lizenz eines Fernsehveranstalters haben kann. Denn die im Rundfunkstaatsvertrag aufgeführten verbindlichen Programmgrundsätze seien nicht Vorschläge, sondern geltendes Recht. Unterdessen gewinnt der Skandal immer mehr an Fahrt und beschäftigt mittlerweile alle deutschen Medien: ob TV, Hörfunk oder Presse.
An der Medienfront fangen in der Zwischenzeit immer mehr Baustellen Feuer. Zum Wochenstart steht der Standpunkt des DJV im Rampenlicht. Die Hamburger Morgenpost meldet, dass aus dem Konkurrenzkampf der Privatsender um spektakuläre Themen „die Neigung entstünde, Dinge, die andere wegschnappen könnten, schneller zu bringen“. Bei ARD und ZDF sei die Gefahr, auf gefälschte Bilder hereinzufallen, weniger groß. Der Focus titelt:
„Falsches Fernsehen - Programmmacher fürchten weitere elektronische Enten."
Nach dem DJV meldet sich der Deutsche Presserat mit einem Ratschlag an die TV-Kollegen zu Wort und bietet an, den Pressekodex - so etwas wie der moralische Leitfaden für Journalisten - auf das Fernsehen zu übertragen. Beide Institutionen verteilen gleichzeitig die Positionen: hier die Öffentlich-Rechtlichen als Gralshüter des journalistischen Ethos und da die Privaten, die dabei sind, eben dieses aus Kommerzgründen über Bord zu werfen.
Wie wenig objektiv diese Aufteilung ist, zeigt die Tatsache, dass auch die öffentlich-rechtlichen Stationen hinter den Kulissen am Kampf um spektakuläre Themen beteiligt sind: Ihre vom Vorbild der privaten Boulevardmagazine wie Explosiv abgekupferten Formate wie Brisant brauchen ebenso wie diese täglich neues „Sensationsfutter“.
Unfreiwillig gibt stern TV-Chef Zaik dann aber der These Auftrieb, dass private Magazine spektakuläre Themen wohl doch eher ohne intensive Überprüfungen ins Programm bringen. Er lässt sich auf ein Interview mit dem Magazin Der Spiegel ein, wohl wissend, dass auch dessen TV-Ableger von Born hereingelegt wurde. Er konnte davon ausgehen, dass Spiegel-Chef Stefan Aust - selbst jahrelanger Moderator von Spiegel TV - sein Heft dazu einsetzen würde, sich möglichst günstig für den Schlagabtausch unter den von Borns Fälschungen betroffenen TV-Magazinen aufzustellen. Dennoch lässt er sich aufs Glatteis führen.
Der Spiegel erwähnt eine Zusammenarbeit mit Born in den Jahren 1991/1992, um klarzustellen, dass diese über zwei Zulieferungen nicht hinausging. Denn der TV-Autor habe zu undurchsichtig gewirkt, ebenso wie seine Rechnungsadresse Imam Ali Street, Bekaa/Libanon. Dann greift Der Spiegel das Thema Sorgfaltspflicht auf, um offen gegen die Konkurrenz zu schießen. So lässt sich der stern TV-Chef zu einem Zitat hinreißen, auf das man später noch öfter treffen wird und das eine ziemliche Portion berufliche Naivität offenbart:
„So recht weiß der Stern TV-Mann nicht, wie er Born hätte entlarven können. Er wollte sich die Personalien des Katzenmörders geben lassen, was ihm der Filmemacher unter Berufung auf den Informantenschutz jedoch abschlug. Zaik: „Irgendwann gucke ich dem in die treuen blauen Augen und muss entscheiden, ob ich ihm glaube oder nicht.“
In der Kölner Redaktion genauso wie in der Hamburger Redaktion des Magazins Stern ist der Artikel Thema Nummer eins und Auslöser für ein und dieselbe Frage: Wie kann einem erfahrenen Medienprofi, der etliche Male selbst bewiesen hat, Interviewpartner zu prekären Statements aus der Reserve zu locken, eine solche Fehlleistung unterlaufen? Es braucht nicht die fachliche Expertise eines Psychologen, um zu vermuten, dass man in Köln angesichts der Schmach auf Genugtuung sinnt.
Es kann als sicher gelten, dass zu diesem Zeitpunkt bereits Gespräche zwischen Spiegel und Stern auf Chefredakteurs- oder Verlagsleiterebene stattgefunden haben. Das Ziel: ausschließen, dass der Skandal zu „Kannibalismus“ unter den eigenen Magazinen führt.
Grund: Der G+J-Konzern als Herausgeber des Stern lässt stern TV zu dieser Zeit durch seine 100-prozentige Tochter, die G+J-TV Produktions GmbH, produzieren und ist auch mit 25 Prozent am Spiegel Verlag beteiligt, der wiederum Spiegel TV kontrolliert. Ein Stillhalteabkommen zwischen den Verantwortlichen in den Häusern scheint dabei aber nicht erzielt worden zu sein - wie sich wenig später auf spektakuläre Weise zeigen wird.
Übrigens zögert der Stern mit dem Schritt, seinen TV-Ableger durch einen Bericht im eigenen Heft aus der Schusslinie zu nehmen. Mehr noch: Später wird Stern-Chef Werner Funk ganz klar die Unabhängigkeit der beiden Redaktionen betonen.
Es wird zunehmend brenzlig. AZ-Autor Kuhn erfährt einmal mehr brisante Details über die Hintergründe der Born-Fakes. Seine Meldung, dass stern TV vom Moderator des ARD-Magazins ZAK, Friedrich Küppersbusch, bereits 1991 gewarnt worden sei, gibt Gerüchten um mangelnde Sorgfaltspflicht weitere Nahrung. Die Redaktion dementiert umgehend. Doch nach den Veröffentlichungen der letzten Tage klar gewesen sein: Oliver Kuhn wird nicht Abstand von seiner Polemik nehmen. Kuhn hat das, wovon jeder Journalist in seinem Berufsleben einmal träumt: seinen Scoop, seine Enthüllungsgeschichte. Und die wird er sich nicht so leicht abspenstig machen lassen.
Dienstag, 23. Januar 1996
Er macht konsequent Stimmung gegen die Redaktion, drängt sie in die Defensive und erklärt den „TV-Krieg“, in dem sich die TV-Macher die Schuld gegenseitig in die Schuhe schieben:
„Insgesamt 20 Beiträge hat (... ) Born an stern TV verkauft. „Fünf davon waren gefälscht“, so Jauch. (...) „Nahezu alle Sender wurden reingelegt - kein Grund, dass es wegen Born zu einer internen Schlammschlacht kommt.“ (...) Sein Anwalt Norman Jacob sieht ihn mehr als Opfer: „Die Redaktionen setzten Born durch ihre extremen Vorgaben unter Druck“, so Jacob heute in „Frontal“ (ZDF, 21 Uhr).“
Der Artikel beseitigt letzte Zweifel: Kuhn wird um jeden Preis seinen Teil dazu beizutragen, dass die bisher von Jauch nur beschworene „Schlammschlacht“ unter den TV-Magazin-Machern zur Realität wird. Umso erstaunlicher, dass dem eine nicht zutreffende Tatsachenbehauptung zu entgehen scheint. Denn die ins Spiel gebrachte Anzahl der Beiträge, die stern TV von Born gekauft haben soll, ist reine Spekulation. Damit wird eine Chance vergeben, Kuhn - nötigenfalls auf rechtlichem Weg per Gegendarstellung, in der die Anzahl der Beiträge hätte richtig gestellt werden können - die Grenzen seiner tendenziösen Berichterstattung aufzuzeigen. Darüber hinaus hätte auch dem bei einem solchen Vorgang immer involvierten Chefredakteur mit Vehemenz zu verstehen gegeben werden können, doch bitte schön bei den Tatsachen zu bleiben.
Doch die Situation bleibt ungenutzt, auch deswegen, weil der Sendehinweis auf das Konkurrenzmagazin Frontal alarmiert. Die ZDF-Redaktion hat mit Borns Verteidiger ein Interview geführt, in dem er sich stern TV offenbar auf unangenehmste Weise vorknöpft.
Parallel schießt sich die Presse weiter auf das Magazin ein. Es wird neben Born zum Mitangeklagten und gleichzeitig in die Diskussion um das durch die eigene Pressemeldung ins Spiel gebrachte Thema „Glaubwürdigkeit des TV-Journalismus“ hineingezogen. Die DPA lässt wissen, dass Vertreter privater Fernsehsender der Auffassung seien, eine 100-prozentige Kontrolle des Wahrheitsgehalts von Reportagen sei nicht möglich. Die Chefredakteure von ARD und ZDF sehen das anders und stellen eine Verbindung zwischen der Kommerzialisierung und der Qualität der Beiträge her.
„Je schriller Filme, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie auch gesendet werden“, sagt ARD-Chef Ulrich Deppendorf. Sein Kollege vom ZDF, Klaus Bresser, beteuert, „Fernsehen ist einmal das vertrauenswürdigste Medium gewesen, der Vorsprung ist geschmolzen.“
An dieser Stelle rächt sich, dass stern TV zwar in einer Pressemeldung den „Schaden für die Glaubwürdigkeit des TV-Journalismus“ durch den Fall Born beklagt, aber parallel nichts unternahm, um das Thema inhaltlich in der Hand zu behalten. Es wirkt fast unbeholfen, mit welchen Argumenten Zaik in der weiteren Meldung Verbesserungen in puncto journalistische Sorgfalt in Aussicht stellt: „Wir werden in Zukunft ein zweites, ein drittes und ein viertes Mal auf die uns angebotenen Geschichten schauen“, verspricht stern TV-Redaktionsleiter Andreas Zaik, der gleich in mehreren Fällen (...) geleimt worden ist.“ Und mit welcher Verve er sich gleichzeitig vor dem Eindruck der Leichtfertigkeit verwahrt: „Zaik (...) gesteht, dass für stern TV die Affäre kein „Ruhmesblatt“ sei, aber er warnt jeden, „der nun ein rundfunkpolitisches Süppchen“ daraus kochen möchte. Wir verwahren uns gegen den Eindruck der Leichtfertigkeit.“
In einigen Tagen werden hierzu die Landesmedienanstalten auf den Plan treten. Deren Aufgabe ist die Beaufsichtigung des privaten Rundfunks. Ihre Finanzierung erfolgt über einen Teil der Rundfunkgebühren. Der Direktor der damaligen Nordrhein-Westfälischen Landesanstalt für Rundfunk (LfR) - heute Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen -, Norbert Schneider, wird feststellen, dass die Verletzung journalistischer Sorgfaltspflichten Auswirkungen auf die Lizenz eines Fernsehveranstalters haben kann. Denn die im Rundfunkstaatsvertrag aufgeführten verbindlichen Programmgrundsätze seien nicht Vorschläge, sondern geltendes Recht. Unterdessen gewinnt der Skandal immer mehr an Fahrt und beschäftigt mittlerweile alle deutschen Medien: ob TV, Hörfunk oder Presse.
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